Die Zukunft wird von den Patienten entschieden - im Wissen über Qualität
Selbstverständlich wird
dieses Herausragende immer gesucht. Auch in der gesundheitspolitischen
Kommunikation geht es darum, auch wenn sie dabei vor besonders hohen Hürden
steht: Sie muss sowohl im wirtschafts- wie auch im sozialpolitischen Diskurs
anschlussfähig sein und dabei die vielfältigen Interessen der beteiligten
Akteure in Politik und Selbstverwaltung berücksichtigen. Es geht also um mehr
als die schiere Qualität des Produkts, es geht darum, in einem heterogenen Feld
von – oft auch widersprüchlichen - Interessen zu bestehen. Der
gesundheitspolitische Diskurs ist geprägt von unterschiedlichen „Leitbildern“,
an denen die beteiligten Akteure jeweils ihre Kommunikation ausrichten. Während
in Politik und Selbstverwaltung sozialpolitisch motivierte Leitbilder wie
„Solidarität“, „Finanzierbarkeit“ und „Zugang“ dominieren, sind es insbesondere
die Akteure in Wirtschaft und Industrie, die mit marktwirtschaftlichen
Leitbildern wie „Innovation“, „Standortsicherung“ und „Wettbewerb“
kommunizieren. Gemeinsam ist den sozialpolitischen Leitbildern ihre
Negativkonnotation: So ist es hauptsächlich der Rationierungsaspekt (auch wenn
dieser Diskurs unter vielen anderen Worten wie Beitragssatzstabilität, Bedarf,
Notwendigkeiten etc. oft nicht ausdrücklich erkennbar ist), der die
gesundheitspolitischen Leitbilder grundiert. Die marktwirtschaftlichen
Leitbilder sind dagegen eher mit dem Kostenaspekt belegt. In der gesamten
Diskussion allerdings treten die Patienten eher als Objekt denn als Subjekt in
Erscheinung – ihr Wohl liegt allen Beteiligten zentral am Herzen, aber
Patienten selber haben demgegenüber selten Gelegenheit und Stimme zu erklären,
ob sie ihr Wohl durch die diskutierte Maßnahme auch erreicht sehen.
Gäbe es vor diesem
Hintergrund die Qualitätsdebatte nicht im gesundheitspolitischen Diskurs, man
müsste sie erfinden. Sie ist die
perfekte Synthese aus Wirtschafts- und Sozialpolitik und damit aus
kommunikativer Sicht eine hervorragende „Leitidee“. Mit dem Begriff der
„Qualität“ gelingt den Akteuren das, was in der Gesundheitspolitik schwieriger
ist als in jedem anderen Politikfeld – die Durchsetzung der eigenen Interessen
zu legitimieren und mit einem positiven Image zu versehen.
Umsetzung mangelhaft: Die
Institutionalisierung der Qualitätsdebatte
War die Diskussion über die
Qualität gesundheitlicher Leistungen lange Zeit eine eher schwach ausgeprägte
in wissenschaftlichen Fachkreisen, die zudem von ärztlicher Seite eher als
Ausdruck des Misstrauens gegenüber der „ärztlichen Kunst“ wahrgenommen wurde,
hat sich das in den vergangenen Jahren gründlich geändert. Längst ist es eine
unvermeidliche Voraussetzung für die Vorstellung der eigenen
Leistungsfähigkeit, die Qualität der eigenen Fähigkeiten und Erfahrungen sowie
der angebotenen Leistungen – sei es einer Krankenkasse oder eines
Medizinprodukts – hervorzuheben. Diese Betonung der Qualität entspricht einer
veränderten Wahrnehmung in der öffentlichen Diskussion, die heute das Kriterium
der Qualität längst zu einem entscheidenden Maßstab für die Beurteilung von
einzelnen Leistungen von Herstellern oder Ärzten, ebenso aber auch zur Sicht
auf die Folgen von gesundheitspolitischen Maßnahmen gemacht hat.
Formal wird das unterstützt
durch diverse Interventionen des Gesetzgebers, vor allem seit Beginn des
Jahrtausends. Qualität ist dabei ein Zauberwort für die Begründung von
gesundheitspolitischen Maßnahmen geworden – mit ihr wird begründet, dass es
bestimmte Leistungen nicht geben soll (ein Medikament wird nicht erstattet,
eine Vorsorgeleistung nicht von der Krankenkasse bezahlt) oder dass Beiträge
erhöht werden müssen. Heute wird unter dem Stichwort Qualität verhandelt, was
als normative, aber im Detail unbestimmte Aussagen die Grundprinzipien der
Gesetzlichen Krankenversicherung festhält: das Sozialgesetzbuch V spricht in §
12 von wirtschaftlichen,
ausreichenden, notwendigen und zweckmäßigen Leistungen, die die GKV übernehme.
Keine politische Seite, aber auch weder Leistungsträger noch -erbringer
bekennen sich zur Rationierung, sondern betonen im Gegenzug, dass es ihnen
ausschließlich darum gehe sicherzustellen, dass die Patienten nur Leistungen
von eindeutiger und nachweislicher Qualität erhalten.
Keinem der beteiligten
Akteure kann die Aufrichtigkeit dieser Beteuerungen abgesprochen werden.
Vielmehr ist die Qualitätsdiskussion Ergebnis des Unbehagens, das lange unter
Fachleuten herrschte, weil zu wenig bekannt war über den Nutzen von
Interventionen oder des Einsatzes von Medikamenten. Solange es an Informationen
über die Qualität von Maßnahmen mangelt, ist es unmöglich, alte durch neue
Verfahren zu ersetzen oder es ist nur um den Preis des Experiments möglich.
Daher war es sinnvoll und notwendig, der eher schwach entwickelten
Qualitätsdiskussion im Gesundheitswesen durch staatliche Eingriffe auf die
Sprünge zu verhelfen. Die wissenschaftlichen Standards von HTA, EBM und
Gesundheitsökonomie erhielten einen starken gesetzgeberischen Rahmen, der ihre
Nutzung und Anwendung auf höchste Ebene hob (was konkrete Diskussionen über die
Maßnahmen im Einzelnen geradezu herausfordert). Je ausgeprägter die
Qualitätsdiskussion im einzelnen Anwendungsfall, um so mehr schafft sie damit
die Voraussetzungen für eine Rationierungsdiskussion. Bislang ist die Politik
(aller Parteien) eisern entschlossen, dass eine Diskussion über die Begrenzung
von Leistungen nicht geführt wird, doch sollte eines Tages die Offenheit und
Notwendigkeit zur einer entsprechenden Debatte und Entscheidung bestehen,
werden die Erkenntnisse der umfassenden und vielfältigen Forschung zur Qualität
die Chance für eine informierte und rationale Entscheidung bieten.
Zentrales Gremium der
Qualitätsentscheidungen ist der Gemeinsame Bundesausschuss, gebildet von
Vertretern der Ärzteschaft und der Krankenkassen, in der Diskussion seiner
Beschlüsse immerhin seit 2004 von Patientenvertretern begleitet. Dieses oberste
Beschlussgremium der Gemeinsamen Selbstverwaltung beschließt Umfang und Art der
medizinischen Leistung für die gesetzlich Krankenversicherten.
Entscheidungsgrundlagen dafür soll das Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, kurz IQWiG, liefern. Mit der
Gesundheitsreform 2007 (GKV-WSG) wurden auch gesetzlich die Kriterien der
Bewertung präzisiert, so durch die Etablierung von Qualitätsparametern. Das
schon 2004 eingerichtete Qualitätssicherungsinstitut IQWIG soll in einem
sektorenübergreifenden Ansatz Qualitätssicherungsparameter entwickeln. „Das Gesetz selbst und unmittelbar kann die Qualität des
Versorgungssystems nicht erhöhen. Das müssen die Entscheidungen auf der
Grundlage des Gesetzes und vor allem deren operative Umsetzung bewirken“, so Professor Ingo Heberlein im Rahmen der Nationalen
Qualitätskonferenz 2007[1].
Noch heute – fünf Jahre nach Schaffung des IQWiG – sind insbesondere Transparenz
und Methodik ungenügend ausgereift. Dieser Mangel wird besonders deutlich bei
der neuen Stufe der Entscheidungen, die durch das IQWIG vorbereitet werden
sollen: Kosten-Nutzen-Bewertungen. Das IQWiG hat einen wissenschaftlichen
Beirat mit Erstellung eines Methodenpapiers beauftragt, die bisherigen
Fassungen des Papiers erfahren umfangreiche Kritik in der Fachwelt. Das
deutsche IQWIG möchte einen eigenen Weg gehen, wie Qualität und deren Bewertung
analysiert und bewertet wird, der sich deutlich von internationalen Standards
unterscheidet, wo derartige Bewertungen schon lange üblich sind – gerade dieser
neue Weg provoziert natürlich vielfältige Einsprüche.
Aufgabe einer
zielgerichteten Qualitätsdebatte muss es daher sein, ein gemeinsames
Verständnis darüber herzustellen, wie Qualität zu erfassen und anschließend zu
bewerten ist. Das betrifft das Vorgehen des IQWIG ebenso wie die spätere
Vermittlung der auf dieser Grundlage gefassten Beschlüsse, vor allem für die
Patienten. Sonst wird das politische Ziel – die Erhöhung der Qualität des
Versorgungssystems – trotz zunehmender Institutionalisierung nicht erreicht
werden.
Die Qualität eines
Gesundheitswesens wird im Wesentlichen dadurch bestimmt, ob und in welchem
Umfang alle Akteure eingebunden und beteiligt, also institutionell
repräsentiert sind und bei Systementscheidungen mitwirken können. So lange dies
nicht gelingt, bleibt der Qualitätsbegriff zunächst inhaltlich unbestimmt und
bietet lediglich ein kommunikatives Potenzial zur Etablierung einer einheitlichen
Interessenslage unter den Akteuren.
Endlich gute Nachrichten!
Warum der Qualitätsdiskurs ein Segen für die Gesundheitspolitik sein kann.
Die Qualitätsdebatte hat das
Potenzial, neuen Schwung in verkrustete und festgefahrene Diskursstrukturen zu
bringen. Bislang standen sich die Akteure in Politik, Selbstverwaltung und
Industrie eher konfrontativ bei der Durchsetzung und Legitimierung der eigenen
Interessen gegenüber, auch wenn sie dann im Einzelnen und wenig beachtetet
Kompromisse finden konnten. Der zunehmende Druck auf die Ausgabenseite zwang
die Politik seit Jahrzehnten zu massiven Interventionen in den Gesundheitsmarkt
und wird dies weiterhin tun. Hauptfokus waren dabei Instrumente zur
Kostenbegrenzung. Die eingesetzten Steuerungsinstrumente zielten dabei eher auf
die Ressourcenallokation in den unterschiedlichen Versorgungsbereichen ab, denn
auf eine optimierte Mittelverwendung über die medizinischen, aber auch die
gesellschaftlichen Sektoren hinweg.
Denn nicht nur die Industrie
ist mehr denn je auf eine sektorenübergreifende Betrachtung angewiesen.
Pharmakologische und medizintechnische Innovationen beschränken sich in ihrer
Wirkung längst nicht mehr nur auf den mikroökonomischen – also den Patienten
selbst – sondern zunehmend auch auf den makroökonomischen, den
gesamtgesellschaftlichen Bereich. Wenn eine medizintechnologische Innovation
heute die Rehospitalisierungsrate verringert, so hat dies positive Auswirkungen
auf die Kostenstruktur insgesamt. Wenn ein Medikament heute in der Lage ist,
die Erwerbsfähigkeit des Einzelnen zu erhalten, dann profitierten davon die
sozialen Sicherungssysteme in Gänze. Diese als so genannte
„Schrittinnovationen“ negativ belegten Entwicklungen sind auf eine andere
systemische Betrachtung angewiesen. Gleichzeitig sind die Unternehmen
herausgefordert, mit entsprechenden Untersuchungen die behauptete Wirkung zu
belegen.
Aber die Frage, was die
Patienten als gute Qualität wahrnehmen und schätzen, wird bislang zu wenig
gestellt. Dabei bieten Informationen, wie eine Intervention gesellschaftlich
wirkt, die Chance in sich, den isolierten Diskurs über Kosten des
Gesundheitswesen auf breitere Füße zu stellen und die Kosten des
Gesundheitswesens mit ganz neuen Augen zu sehen.
Ein Anfang können unter den
Bedingungen des Gesundheitsfonds die Krankenkassen machen. Der Preis als
relevantes Bewertungskriterium für die Kassenwahl steht den Versicherten
künftig nicht mehr zur Verfügung. Damit rücken Leistungsumfang und
Angebotsstrukturen verstärkt in den Fokus. Dafür gibt es wenige Erfahrungen bei
den Patienten, die zu einer Bewertung der Krankenkassen führen können. Aber die
wachsende Notwendigkeit, das subjektive Qualitätsempfinden des Patienten zum
Maßstab des eigenen Handelns werden zu lassen, wird einen positiven
Handlungsdruck in Richtung mehr Qualität - und deren verständliche Vermittlung
- bewirken.
In einem zweiten Schritt
wird es entscheidend werden, die Qualitätsdiskussionen der Experten im
Zusammenhang mit IQWIG und GBA öffentlich zu vermitteln, weit über das
bestehende Maß hinaus. Damit erreicht werden kann, dass die Verweigerung einer
Behandlung oder Untersuchung durch die Krankenkasse nicht länger als
unerquickliche Sparmaßnahme, sondern als Ausdruck des Bemühens um qualitativ
hochwertige Leistungen wahrgenommen werden kann.
Insgesamt hat der
Qualitätsdiskurs daher das Potential, die Brücke zwischen dem objektiven
Qualitätsparadigma in Politik und Selbstverwaltung und den subjektiven
Qualitätsforderungen auf Patientenseite zu schlagen. Im Idealfall bietet der
Qualitätsdiskurs den Anstoß für notwendige Veränderungen der Regeln der
Gesundheitsversorgung, die einen Wettbewerb um die bestmögliche Versorgung
einleiten.
Qualität als
Gretchenfrage der deutschen Gesundheitspolitik
Qualität ist nicht gleich
Qualität. Maßgeblicher Unterschied zu anderen Branchen ist die Tatsache, dass
Leistungsempfänger und Kostenträger nicht ein und dieselbe Person sind. Sollen
in einem künftigen Gesundheitswesen die Patienten auch wirksam als Kunden
handeln können, ist daher die Kommunikation über Qualität und die daraus
folgenden Entscheidungen für Leistungsübernahme oder auch Beitragshöhe
entscheidend. Es ist nicht nur der heterogenen Struktur der beteiligten
Personen und Organisationen geschuldet, dass bislang das Bemühen um Erklären und
Überzeugen in der Qualitätsdebatte eine so nachrangige Rolle spielt. Sondern
dahinter steckt auch ein Überbleibsel des alten Verständnisses von Patienten
als nicht-kundigen und auch nicht-informierbaren Objekten der Behandlung.
Längst haben sich die Patienten selber von dieser Sicht emanzipiert und wollen
auf der Grundlage ihres Selbstverständnisses als Experten in eigener Sache
Wissen und die Kompetenz zur Mitentscheidung erwerben.
Eine entsprechende
Veränderung der Entscheidungsprozesse im deutschen Gesundheitswesen wird auch
die Stellung der deutschen Produkte und Leistungserbringer in der Welt stärken.
Sie ist damit eine Voraussetzung dafür, dass deutsche Produkte und die deutsche
Versorgung auch im internationalen Vergleich konkurrenzfähig bleiben.
Die Qualitätsfrage erfordert
nicht nur, das subjektive Qualitätsempfinden konsequenter zur Richtschnur des
eigenen Handelns zu machen. Das wird auch die Diskussion aufwerfen, inwiefern
es in Zukunft Handlungsspielraum für Angebote gibt, die stärker auf die
individuellen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten eingehen.
Der Patient im Fokus –
Prämisse für ein nachhaltiges Gesundheitssystem 2030
Der Gesundheitsmarkt hat sich in den
letzten Jahren maßgeblich verändert. Mehr Wettbewerb sorgt für mehr Diversifizierung
– sowohl auf der Ausgaben- wie auch auf der Leistungsseite. Der Patient muss
daher konsequenter als bislang in die Lage versetzt werden,
qualitätsorientierte Anbieter zu erkennen und auswählen zu können. Dies ist
umso wichtiger, da chronische Erkrankungen sowie die Multimorbidität
perspektivisch zunehmen und die Gesundheitssysteme vor besondere
Herausforderungen stellen werden. Der Behandlungserfolg bei einem besonders
therapietreuen Chroniker liegt um ein vielfaches höher als bei einem wenig
zugänglichen. Therapietreue ist aber nur dann umsetzbar, wenn der Patient die
notwendigen Informationen erhält und gleichzeitig in der Lage ist, diese zu
verstehen und entsprechend zu handeln. Erst in diesem Sinne gewinnt das
Gespräch von der Eigenverantwortlichkeit des Patienten eine handlungsleitende
Bedeutung und deshalb liegt es auf der Hand, alles dafür zu tun, dass der
Patient stärker als bislang in die Bemühungen um den Erhalt der eigenen
Gesundheit einbezogen wird.
Schon längst nutzen Patienten vielfältige
Informationsquellen, denn sie wollen – auch wenn die zentrale Rolle des Arztes
ungebrochen bestehen bleibt – eine Vielzahl von Informationen nutzen und
vielleicht auch zum Vergleich heranziehen. Zweifellos kommt es dabei auch zu
Informationsangeboten, die kritisch befragt werden müssen. Doch auch die neue
Vielfalt über das Internet erfordert keine starken Eingriffe, schließlich gab
es schon immer Zeitungen, die fragwürdige Informationen druckten, ohne dass die
möglicherweise negativen Folgen eine Intervention gerechtfertigt hätten. Im
Gegenteil ist zu beobachten, dass die Qualität der Informationen längst ein
zentrales Kriterium für die seriösen Anbieter geworden ist – sie fürchten
negative Folgen für ihr Image, sollte ihnen eines Tages eine unzutreffende
Information nachgewiesen werden. Die Transparenz und Interaktivität des Netzes
bietet nicht nur umfassende Möglichkeiten, die Anbieter von Informationen
öffentlich zu begutachten, sondern bietet auch ihren Nutzern umfangreiche
Möglichkeiten, Informationen bezüglich ihrer Qualität zu bewerten. Die bereits
existierenden Qualitätssiegel dienen als Orientierung, aber diese Mittel werden
nicht das letzte Wort sein.
Qualität richtig vermitteln – Raus aus
der kommunikativen Einbahnstraße
Welche Aufgaben ergeben sich aus einer
stärkeren Patientenorientierung für Leistungserbringer und Kostenträger? Die
Leitidee Qualität ist erst in Ansätzen zu Maßnahmen der Kommunikation gereift.
Vielmehr kann man feststellen, dass zwar Qualität immer mehr zum Entscheidungskriterium
wird, damit aber nicht verbunden ist, diese Entscheidungen auch zu erklären.
Die Anbieter von Leistungen nutzen das Argument entweder in der
Fachkommunikation unter ihresgleichen oder gegenüber den Leistungsträgern,
gegenüber den Patienten haben sie über die schiere Behauptung von Qualität
hinaus noch nicht viel Wegweisendes gefunden. Denn es wäre notwendig zu
erklären, woran sich Qualität festmacht, wo die Risiken liegen, welche Folgen
Behandlungen und auch das Verhalten der Patienten haben. Auf den ersten Blick
kann man diesen Mangel an Kommunikation mit den Beschränkungen des HWG erklären
– innovative Ideen zur Vermittlung von Informationen müssen daran aber nicht
zwingend scheitern.
Was in der politischen
Öffentlichkeitsarbeit oder dem Innovationsmanagement bereits praktiziert wird,
muss perspektivisch auch Eingang finden in die gesundheitspolitische
Kommunikation: die Einführung eines so genannten Feedback-Elements. So schließt
das traditionelle Kommunikationsmodell One-to-Many die tatsächlichen
Bedürfnisse der Rezipienten – seien es Kunden, Mitarbeiter oder im vorliegenden
Fall Patienten – nahezu aus und berücksichtigt diese nicht angemessen. Das
internetbasierte Many-to-One-Prinzip kehrt das traditionelle
Kommunikationsmodell um. Es organisiert die Stimmen vieler, i.e. der Patienten,
und ermöglicht zugleich eine zielgerichtete Antwort des Adressaten, i.e. der
Leistungserbringer und Ausgabenträger. Für die Zukunft der
Patientenkommunikation ist die Etablierung solcher Instrumente entscheidend:
sie sind in der Lage, eine transparente, offene und demokratische Kommunikation
zu ermöglichen. Kommunikation wird damit auch in der Gesundheitspolitik
verstärkt zum Wettbewerbsfaktor. Die neue Nähe zum Patienten liefert
Erfahrungsvorteile, die das eigene Angebot besser planbar macht. Denkbar ist es
beispielsweise, dabei ein Instrument wie „direkt zu“ einzusetzen, ein
Instrument, das viele Anfragen im Netz durch Bewertungen aller Beteiligten
bündelt und eine Rangfolge der wichtigsten Fragen erstellt, so dass die
Befragten die Vielzahl der Anfragen in einem demokratischen Sinne bewältigen
können.
Professionalisierung der eigenen
Kommunikationsstrukturen dem Patienten gegenüber ist wesentliche Aufgabe für
alle. Denn auch die Politik hat den Prozess, Patienten in die Kommunikation
über Qualität einzubeziehen, nicht wirklich unterstützt, sondern kommuniziert
nur über ihre eigenen Vorhaben und deren vermeintliche Vorteile. Die Fantasie
vieler Anbieter von Gesundheitsinformationen und auch vieler Verbände/Organisationen
verdeckt all diese Mängel bislang, schließlich bietet die Vielfalt der im Netz
verfügbaren Informationen umfangreiches Material. In den Kern der
Qualitätsdiskussion ist das aber noch nur wenig vorgedrungen.
[1] Erhöht das GKV-WSG aus Patientensicht die Qualität im Gesundheitswesen, Prof. Dr. Ingo Heberlein, 2. Nationale Qualitätskonferenz 2007, Berlin, abgerufen über http://www.g-ba.de.